Apple Logic Pro 8 Benutzerhandbuch

Seite 645

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Kapitel 25

Mixing

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Binaurales Hören – Binaurales Aufnehmen – Binaurales Panning

Ein wichtiger Teil beim Mischen von Audiosignalen ist das Platzieren einzelner Schall-
quellen an unterschiedlichen räumlichen Positionen. Die gebräuchlichen Aufnahme-
und Mischtechniken senden ein gegebenes Signal (mit unterschiedlichen Pegeln) zu
den verfügbaren Lautsprechern – zwei bei Stereo, mehr bei quadrophonischer oder
Surround-Wiedergabe – um eine virtuelle Klangbühne zu schaffen.

Dieser Ansatz ist jedoch etwas mangelhaft, da Menschen in der Lage sind, mit nur
zwei Ohren Schallquellen an unterschiedlichen Positionen zu lokalisieren. Buchstäb-
lich alle räumlichen Informationen sämtlicher Klänge sind in den beiden Signalen ent-
halten, die die beiden Trommelfelle erreichen. Menschen können aus diesen Signalen
Eigenschaften wie den Laufzeit- und Pegelunterschied zwischen den beiden Ohren
und – basierend auf der Hörgewohnheit – Informationen darüber ableiten, an wel-
cher räumlichen Position die gehörten Signale ihren Ursprung haben. Kommen sie
von vorne, von hinten, von rechts, von links, von oben oder von unten? Die Fähigkeit,
zu erkennen, wo ein gehörtes Signal seinen Ursprung hat, wird als „binaurales“ Hören
bezeichnet.

In der Theorie kann die räumliche Position sämtlicher Schallereignisse bei der Wieder-
gabe reproduziert werden, sodass keine speziellen Techniken während der Aufnahme
angewendet werden müssen. Bei diesem Ansatz gibt es jedoch einen Nachteil: Jeder
Mensch hat unterschiedlich geformte Ohren sowie unterschiedliche Körper- und
Kopf-Proportionen. All diese Dinge haben jedoch einen Einfluss darauf, wie die Audi-
osignale das Trommelfell erreichen – ganz zu schweigen von Beeinträchtigungen des
Hörvermögens, der Erfahrung bezüglich der gehörten Signale usw. Werden solche
physikalischen Unterschiede in Betracht gezogen, dann wird jede Person, die das glei-
che Signal (an der gleichen Hörposition) hört, etwas unterschiedliche binaurale Sig-
nale hören.

Darum könnte eine perfekte Reproduktion nur dann erfolgen, wenn eine Aufnahme
mit winzigen Mikrofonen gemacht würde, die im Inneren Ihrer Hörgänge angebracht
wären. Da dies nicht praktikabel ist, wurde das binaurale Hören in Klanglabors mit-
hilfe von Kunstköpfen emuliert, in die Mikrofone eingebaut waren. Dieser Ansatz führ-
te zu binauralen Aufnahmen für den Durchschnittshörer, also solchen, die mehr oder
weniger kompatibel zu der Art und Weise sind, wie die meisten Menschen hören.

Die Wiedergabe binauraler Aufnahmen erfolgt am besten über Kopfhörer, idealer-
weise kombiniert mit einer Signal-Konditionierung (Bearbeitung), die eine akkurate
Reproduktion sicherstellt. In einer speziellen Hörumgebung ist es auch möglich, diese
Signale mit Lautsprechern wiederzugeben. Dabei kommt eine als „Cross-Talk Cancella-
tion“ bezeichnete Bearbeitung zum Einsatz.

Da Sie wahrscheinlich nicht im Besitz der Technologie sind, die für das Erstellen bin-
auraler Aufnahmen benötigt wird, besteht Ihre beste Möglichkeit zum Simulieren bin-
auraler Signale darin, das Audiosignal während der Wiedergabe zu bearbeiten. Der
entsprechende Bearbeitungsvorgang ist als „HRTF“ (Head-Related Transfer Function)
bekannt und empfindet die Änderungen nach, die das Signal von seiner Quelle bis
zum Trommelfell erfährt.

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